Heidrun Eberl im Gespräch mit Claudia Isabel Martin, Regie
La Dame Blanche von Boieldieu ist eine Opéra comique. Bedeutet das, dass die Zuschauer viel zu lachen haben werden?
„Wir werden sicherlich über allzu menschliche Schwächen lachen. Natürlich steckt in der Geschichte und den Charakteren eine Menge Humor, aber Humor und Komik können für mich nur entstehen, indem wir echte Menschen erzählen, mit denen wir emotional mitgehen können: Auf der einen Seite mit ihnen Mitleiden, aber auf der anderen eben auch Mitlachen.“
Du hast bereits mit festen Ensembles gearbeitet. Hier leitest du Studierende an – liegt darin ein besonderer Reiz?
„Die Leute sind neugierig! Das Thema Ausprobieren steht ganz weit oben: Sie wollen die Musik und die Bühne für sich entdecken und sind insgesamt sehr offen. Natürlich muss ich anders anleiten. Aber Studenten haben so viel Lust daran, sich auszuprobieren, man darf ihnen emphatisch die Bühne als Ort miterzählen – und das ist ja auch das, was Theater ausmacht. Um die eigene Figur zu suchen und zu finden, ist die Dame Blanche ein Glücksgriff, weil das Werk nicht durch eine dichte Rezeptionsgeschichte beladen ist, keine Interpretation durch berühmte Sänger oder Regisseure schon vorgegeben ist, sodass hier jeder einzelne sich in der Rolle ganz eigen finden kann.“
Hast du eine Lieblingsfigur in der Oper?
„Ich finde – und das hat mit der besonderen Theatralität dieser Oper zu tun –, dass jede Figur in ihren Eigenheiten so charakterisiert ist, dass man seinen Spaß an ihr hat. Auch Gaveston, als gieriger Verwalter eigentlich eine unsympathische Rolle, tritt so auf, dass man ihn zwar als unangenehm empfinden kann, aber doch als realistisch in seinem gesellschaftlichen Emporkommenwollen. McIrton ebenso! Man kann in jeder Figur etwas Spannendes finden. Das Ganze ist sehr geschickt gemacht, ein richtiges Ensemblestück – niemand kommt zu kurz. Alle brauchen sich gegenseitig, können nur richtig spielen, wenn sie einander Vorlagen geben und reagieren können. Sie bedingen alle einander.“