Heidrun Eberl im Gespräch mit Björn Rodday – Management und 2. Vorsitzender
Du bist studierter Arzt und leitest ein Hotel, bei JORM bist du aber fürs Management zuständig – wie kommt`s?
Das stimmt, ich bin promovierter Mediziner, führe ein kleines Hotel und mache gerade mein Diplom in Bildender Kunst. Ja, was soll ich sagen, es gibt Vitae, die lesen sich wie eine kerzengerade Autobahn, bei mir läuft es eher wie auf einem nepalesischen Bergweg – mit entgegenkommenden Yaks. Ich habe in meinem bisherigen Leben in den unterschiedlichsten Bereichen gearbeitet, und war auch einige Jahre selbst als hauptberuflicher Musiker aktiv.
Im Jahr 2013 hat mich dann eine schwere Krebserkrankung fast niedergestreckt. Es folgte ein Jahr -gefühlt nur- im Krankenhaus mit künstlichen Koma, Chemotherapie und allen Komplikationen, die man sich nur vorstellen kann.
Nach dieser Zeit bin ich nicht mehr in den Arztberuf zurückgekehrt und widme mich stattdessen zusammen mit Manuela vielen gemeinsamen Projekten, vor allem der Jungen Oper Rhein-Main und dem Kammerchor Rheinland-Pfalz. Es klingt vielleicht etwas abgedroschen, doch das „im Jetzt leben“ hat für mich einen sehr hohen Stellenwert.
Bei JORM arbeiten alle unentgeltlich. Wie ist das möglich?
Da sprichst Du ein sehr zweischneidiges Schwert an. Zum einen ist es großartig, welch Engagement sämtliche Beteiligten auf allen Ebenen ehrenamtlich leisten, und wir alle stecken 250% Herzblut und viel Eigenkapital in diese Arbeit.
…zum anderen sollte dies aber eigentlich nicht notwendig sein. Natürlich ist es unser stetiges Bestreben, dass alle Menschen auf, vor, und hinter der Bühne anständig entlohnt werden. Jedoch sind wir als freies Theater, welches keinerlei institutionelle Förderung erhält, von Spenden, Förderern, Stiftungen und Sponsoren abhängig. Und in der Gesamtkalkulation sind wir deshalb schon froh, wenn wir die reinen Produktionskosten in einen schwarzen Bereich führen können.
Im Augenblick sind die Prioritäten unserer Gesellschaft leider mitnichten auf Kultur und Bildung ausgerichtet, was ich für einen substantiellen Fehler halte. Auch aus dieser gesellschaftlichen Verantwortung heraus muss ich Dir deshalb antworten: Es ist nicht möglich, dauerhaft so zu arbeiten! Und es ist für ein Land wie unseres mehr als beschämend, dass Kultur-„schaffende“ am Existenzminimum arbeiten, während destruktive Wirtschaftsbereiche sogar noch subventioniert werden.
Oder um R. v. Weizsäcker zu zitieren:
„Kultur ist kein Luxus, den wir uns entweder leisten, oder nach Belieben auch streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.“
Wo siehst du die Junge Oper Rhein-Main in zehn Jahren?
Natürlich auf einer eigenen Bühne, mit mehreren Klangkörpern unter einem Dach, eingebettet in eine eigene Kulturinstitution, die eine Brücke zwischen Musik, darstellender und bildender Kunst schlägt
Okay, das ist zumindest ein erstrebenswertes Ziel – bis dahin liegt noch kurvenreicher Weg vor uns – aber wer weiß …
Aktuell arbeiten wir daran, unser strukturelles Fundament weiter auszubauen und viele Unterstützer zu finden, die wir für unsere Sache begeistern können. Auch müssen wir uns noch vielmehr überregional vernetzen, um als Off-Theater eine größere Wahrnehmung zu erfahren – die uns augenblicklich an manchen Stellen noch fehlt.
Aus einer anderen Perspektive gesehen wird die Erfahrungs- und Altersspanne unseres Ensembles von Jahr zu Jahr breiter. Wer weiß, vielleicht gibt es ja irgendwann einmal auch zwei Opernensembles – eines für den Nachwuchs und eines für die Zeit danach. An Ideen dafür mangelt es uns jedenfalls nicht.
http://jungeoperrheinmain.de/jorm/management/management-graphik-bjoern-rodday/
Photo: Lisa Farkas
http://www.lisafarkas.de/